Schaden durch Sprechende Marke mit Strukturfehler – CYSTUS
Der Fall: Seit den 1980er Jahren beschäftigte sich Dr. Pandalis mit der Heilpflanze Cistus incanus, auch Cistus genannt. Als Erster brachte er Produkte mit den Wirkstoffen dieser Pflanze auf den Markt. Unter diesen Produkten sind auch Bio-Halstabletten. Er erfand für seine Produkte eine sog. Sprechende Marke. Diese wurde für ihn als Unionsmarke im Jahre 2004 für „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ registriert:
Eine Konkurrentin, die LR Health & Beauty Systems GmbH, produziert Nahrungsergänzungsmittel mit dem Extrakt von Cistus. Sie vermarktet diese Produkte wie folgt:
Im Jahre 2013 beantragte LR Health & Beauty Systems beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum die Löschung der Marke CYSTUS wegen Nichtbenutzung. Sie sei während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren vor der Stellung des Antrags lediglich zur Beschreibung des Inhaltsstoffes der Produkte benutzt worden. Eine Benutzung als Marke sei das nicht.
Dr. Pandalis widersprach heftig. Er verwies unter anderem auf eine Benutzung der Marke CYSTUS mit dem Registrierungssymbol ® auf der folgenden Verpackung:
Seine Verteidigung jedoch war vergebens. Der Europäische Gerichtshof nannte eine Vielzahl sehr wichtiger Gründe für die Nichtbenutzung.
Die Marke sei im Wesentlichen nur eine Wirkstoffbezeichnung. Sie verfüge nicht über die nötige Unterscheidungskraft, damit ihre Benutzung als die Benutzung einer Marke angesehen werden könne. Auf der Verpackung zeige CYSTUS nur an, dass die Tabletten den Wirkstoff der Pflanze „Cistus“ enthielten. Eine Benutzung als Marke sei das nicht. CYSTUS weise nicht darauf hin, dass die Tabletten von Dr. Pandalis stammten.
Die Falschschreibung der Wirkstoffangabe mit „Y“ ändere daran nichts. Denn der Pflanzenname Cistus sei immer noch ausreichend erkennbar.
Die Marke CYSTUS sei auch deshalb nicht benutzt worden, weil sie durch den unterscheidungskräftigen Zusatz „052“ ergänzt wurde. Hierdurch sei eine völlig andere Bezeichnung entstanden. Das charakteristische Element dieser neuen Bezeichnung sei „052“ und nicht „CYSTUS“.
Das Registrierungssymbol „®“ neben CYSTUS 052 auf der Verpackung konnte über die Nichtbenutzung nicht hinweghelfen. Zwar weist ein Registrierungssymbol auf die Eintragung einer Bezeichnung als Marke hin. Daraus folge jedoch nicht, dass ein Zeichen über die nötige Unterscheidungskraft verfügt, um als die Benutzung einer Marke angesehen werden zu können.
Als wäre das nicht schon alles genug, kam für die Sprechende Marke ein weiterer Strukturfehler hinzu. Denn CYSTUS war nur für Nahrungsergänzungsmittel eingetragen. Hierfür wurde CYSTUS aber nicht benutzt. Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel mit bestimmten Nährstoffen. Die unter CYSTUS vermarkteten Halstabletten aber waren Arzneimittel. Sie enthielten eine Pharmazentralnummer, ihr Verkauf erfolgte in Apotheken und sie wurden mit dem Hinweis auf den Schutz vor Infektionen und einschließlich einer entsprechenden Heilfunktion vertrieben.
Im Ergebnis wurde die Marke CYSTUS für „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ gelöscht.
EuGH vom 31. 01. 2019, C-194/17 P; EuG vom 14. Februar 2017, T‑15/16.
Learnings: Vermeiden Sie Strukturfehler einer Marke bereits am Anfang der Markenentwicklung. Die Marke darf nicht im Wesentlichen nur Produkteigenschaften wiedergeben. Leichte Abwandlungen in der Schreibweise helfen über diese Schwäche nicht hinweg. Die Marke muss zudem für alle Produkte und Dienstleistungen angemeldet sein, für die Sie die Marke später auch benutzen. Vermeiden Sie auch Fehler bei der späteren Markenbenutzung. Eine abgewandelte Benutzung der Marke ist nur dann noch eine Benutzung der Marke, wenn durch die Abwandlung der kennzeichnende Charakter der Marke nicht verändert wird. Vertrauen Sie nicht auf das Registrierungssymbol „®“. Es kann Strukturschwächen Ihrer Marke nicht ausgleichen.
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