Markenschutz für besondere Qualität? – Gütezeichen
Der Fall: Der bekannte „Verein Bremer Baumwollbörse“ fördert seit 1872 die Interessen aller Unternehmen, die an der Verarbeitung und der Veredlung von Baumwolle und Baumwollprodukten beteiligt sind. Um diese Tätigkeit durch ein Gütezeichen abzusichern, hat er die folgende Unionsmarke für „Webstoffe und Textilwaren“ sowie für „Bekleidungsstücke“ registrieren lassen: Das bekannte sog. „Internationale Baumwollzeichen“.
Dieses Baumwollzeichen lizensiert der Verein an Unternehmen der Textilbranche, wenn sie sich verpflichten, das Zeichen nur für Erzeugnisse aus neuen Baumwollfasern guter Qualität nach bestimmten Kriterien zu verwenden. Stets wird dem Verein auch ein Recht zur Überprüfung der Qualitätserfüllung durch die Lizenznehmer eingeräumt. Der Verein übt dieses Kontrollrecht regelmäßig aus und überwacht damit gleichzeitig die Produktion.
Eines Tages allerdings benutzte ein Textilhersteller ein sehr ähnliches Zeichen unerlaubt auf einem Anhängeetikett für Handtücher:
Als der Verein dagegen klagte, verteidigte sich der Textilhersteller mit einem Löschungsangriff. Die Unionsmarke des Vereins sei zu keinem Zeitpunkt rechtserhaltend benutzt worden und müsse daher gelöscht werden.
Dazu muss man wissen: Marken sind ein wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs, das der Vertrag über die Europäische Union errichten und erhalten will. Damit eine Individualmarke ihre Aufgabe in diesem System erfüllen kann, muss sie die Gewähr bieten, dass alle mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht wurden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Die Benutzung einer solchen Marke muss ferner den Zweck erfolgen, für dieses Unternehmen einen Absatzmarkt für die Waren oder Dienstleistungen zu erschließen oder zu erhalten.
Mit diesen beiden Voraussetzungen ist sichergestellt, dass Wettbewerb wirklich stattfinden kann: Zum einen identifiziert und unterscheidet die Marke die Produkte oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens, das deshalb mit anderen Unternehmen in Wettbewerb treten kann. Und sie gewährleistet, dass das fragliche Unternehmen die Marke tatsächlich auch einsetzt, um Wettbewerb auch wirklich zu betreiben.
Eine Marke, die für Produkte nicht als Hinweis auf ein einziges Unternehmen benutzt wird, ist in diesem System nicht nur funktionslos. Sie stört als Monopolrecht das System des unverfälschten Wettbewerbs! Auch wenn mit ihr zugunsten dieses Unternehmens kein Absatzmarkt erschlossen oder erhalten wird, nimmt sie am Wettbewerb nicht teil. In beiden Fällen muss sie gelöscht und das aus ihr folgende Monopolrecht beseitigt werden.
Aber wurde die Marke des Vereins wirklich nicht als Hinweis auf den Hersteller der Textilien benutzt? Die Lizenznehmer des Vereins hatten die Marke ja mit Zustimmung des Vereins als Gütezeichen benutzt, etwa wie folgt:
Und der Verein hatte die Qualität der Textilien tatsächlich auch kontrolliert.
Aber damit hatte er lediglich die Qualität der Waren abgesichert und für die Textilien einen Absatzmarkt erschlossen. Das jedoch reicht nicht, damit die Marke ihre Funktion im unverfälschten Wettbewerb erfüllen kann. Die Marke muss, wie gezeigt, auch das Unternehmen identifizieren, unter dessen Kontrolle die Waren hergestellt wurden. Sie kann erst dann für dieses Unternehmen einen Absatzmarkt erschließen oder erhalten. Wettbewerb erfolgt nicht zwischen Waren an sich, sondern nur zwischen namhaft gemachten Unternehmen.
Eine Marke kann zwar auch die Qualität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung gewährleisten und über diese Qualität informieren, sog. Garantiefunktion. Wenn diese Marke aber dem Wettbewerb dienen soll, muss sie zumindest zugleich auch auf die Herkunft dieser Waren aus einem einzigen Unternehmen hinweisen, sog. Herkunftsfunktion.
Eine Marke, die nur als Gütezeichen benutzt wird, identifiziert kein bestimmtes Unternehmen, sondern stört den Markt. Folglich wurde das Internationale Baumwollzeichen gelöscht,
Gerichtshof der Europäischen Union, 8. Juni 2017, C-689/15; OLG Düsseldorf, 30. November 2017, I-20 U 222/14.
Learnings: Wenn Sie als Hersteller oder Erbringer mit Ihrer Individualmarke auf die besondere Qualität Ihrer Produkte oder Dienstleistungen aufmerksam machen wollen, sollten Sie darauf achten, dass Ihre Marke nicht nur als Gütezeichen verstanden wird. Sie können Ihre Marke nur im Recht erhalten, wenn Sie sicherstellen, dass die Marke auch auf die Herstellung und den Vertrieb Ihrer Produkte oder die Erbringung Ihrer Dienstleistungen aus Ihrem Unternehmen hinweist. Das bedarf im Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung. Die Kosten dafür sollten Sie nicht scheuen. Es ist im Zweifel viel teurer, wenn Sie Ihre Marke später verlieren. Auch sollten Sie schon vor Anmeldung der Marke sorgfältig prüfen, ob diese das Potential hat, als reines Gütezeichen verstanden zu werden. Für reine Gütezeichen eignen sich die Markenformen einer Kollektivmarke oder einer Gewährleistungsmarke. Diese unterstützen jedoch nicht Ihr Unternehmen allein.