Lohnen sich Investitionen in schwache Marken? – Vegan

Lohnen sich Investitionen in schwache Marken? – Vegan

„Investitionen in schwache Marken sind doch sinnvoll. Solche Marken werden häufig in das Markenregister eingetragen und verfügen dann über Schutz. Es gibt so viele Marken solcher Art.“ So, oder so ähnlich denken viele Unternehmen. Aber lohnen sich die Investitionen in schwache Marken wirklich? Aufschluss gibt der nachstehende Fall:

IMEL, ein griechischer Hersteller und Großhändler von Schönheitsprodukten, meldete für seine Naturkosmetik und veganen Toilettenartikel die nachstehende Unionsmarke an:

100% Ventus Vegan Logo_goodwillprotect.jpg

Hiergegen erhob der britische Kosmetikhersteller, The Vegan Society Corp. lnc., aus seiner ebenfalls für Kosmetikprodukte registrierten und in grüner Farbe benutzten Unionsmarke Widerspruch:

Vegan Marke The Vegan Society_goodwillprotect.png

Konnte die Vegan Society ihre Marke verteidigen?

Die Verwechslungsgefahr zwischen Marken hängt maßgeblich vom Schutzumfang der älteren Marke ab. Er bemisst sich nach dem Grad ihrer Unterscheidungskraft: Ist die ältere Marke in hohem Maße geeignet, die Produkte eines Unternehmens im Markt zu unterscheiden, hat sie einen großen Schutzumfang. Ist sie das nicht, ist ihr Schutzumfang nur sehr klein.

Schutzumfang der älteren Marke

Wie war es nun um den Schutzumfang der Marke der Vegan Society bestellt? Dafür müssen wir uns die Marke genauer anschauen.

  • Zunächst fällt an der Marke das deutlich hervorgehobene Wort „Vegan“ auf. Dieses Wort beschreibt jedoch nur die registrierten Kosmetikprodukte als vegan. Es ist deshalb nicht unterscheidungskräftig. Und damit kann es auch nicht maßgeblich zum Schutzumfang der Marke insgesamt beitragen.
  • Weiter enthält die Marke die Darstellung einer Sonnenblume. Dieses Motiv beschreibt die veganen Eigenschaften nicht unmittelbar. Es spielt auf die vegane Natur der Kosmetikprodukte nur an, weshalb es unterscheidungskräftig ist. Der beschreibende Bezug der Sonnenblume liegt ist im Kontext der Marke allerdings verhältnismäßig deutlich. Damit kann die Sonnenblume in der Marke auf den betrieblichen Ursprung der Kosmetika nur im geringen Maße hinweisen. Immerhin verschafft sie der Marke einen kleinen Schutzbereich.
  • Die sonstige Gestaltung des „V“, die Blätter, die aus dem „V“ hervorsprießen, der Kreis und der verwendete Schrifttyp liegen auf dem Niveau üblicher graphischer Ausschmückung von Marken. Sie haben nur Verzierungscharakter. Deshalb können sie zum Schutzumfang der Marke auch nicht maßgeblich beitragen.
  • Die grüne Farbe endlich, in der die Marke benutzt wurde, ist kein Merkmal der schwarz-weißen Marke. Eine solche Marke wird als farblose Marke registriert.

Im Ergebnis konnte die Marke der Vegan Society die Kosmetikprodukte der Vegan Society im Markt nur in ganz geringem Maße unterscheiden. Da ihre beiden Bestandteile, nämlich das Wort „Vegan“ und die Abbildung einer Pflanze, als Beschreibung der Waren aufgefasst werden konnten, hatte sie nach Auffassung des Amtes nur einen ganz geringen Schutzumfang.

Ähnlichkeit der Marken

Reichte nun dieser Schutzumfang aus, um das jüngere Zeichen abzuwehren? Immerhin waren die Zeichen auf den ersten Blick ja fast gleich:

Markenkonflikt Vegan Logos_goodwillprotect.png

Diese Ähnlichkeit wird erst recht deutlich, wenn man die benutzte grüne Form der älteren Marke gegenüberstellt. Und wenn man weiter in Rechnung stellt, dass die Verkehrskreise Marken nur undeutlich in ihrer Erinnerung behalten:

Konflikt von Vegan Logos im Markt_goodwillprotect.png

Schauen wir uns deshalb genauer an, ob die Marken eine relevante Ähnlichkeit aufweisen.

Ob Marken für die Verwechslungsgefahr ähnlich sind und was der Verkehr davon ihnen in seiner Erinnerung behält, entscheidet sich aufgrund des Eindrucks, den die Marken aufgrund ihrer originären Merkmale in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht hinterlassen. Sind die Merkmale in großem Maße geeignet, die von dem Zeichen beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, werden sie vom Verkehr gut erinnert. Eine Übereinstimmung in solchen Merkmalen macht die Marken für die Verwechslungsgefahr ähnlich.

Wie war das hier?

  • Die Marken stimmten zwar in dem vorherrschenden Wort „Vegan“ überein. Aber dieses Wort hatte in beiden Marken als glatte Beschreibung der Produkte überhaupt keine Unterscheidungskraft. Die Verkehrskreise konnten sich deshalb an ihm auch nicht zur Unterscheidung der Produkte orientieren. Aus der Übereinstimmung in „Vegan“ folgte deshalb allenfalls eine minimale klangliche und begriffliche Ähnlichkeit.
  • Die abweichenden Elemente „100%“ und das unterscheidungskräftige Wort „Ventus“ werden in der IMEL-Marke kaum wahrgenommen. Sie eigneten sich zur Unterscheidung der Marken nicht maßgeblich.
  • Die Graphik der grünen Löwenzahnblume mit den Blättern im „V“ und dem Stängel ähnelte zwar der Grafik der Sonnenblume in der älteren Marke. Auch spielte sie auf die veganen Eigenschaften der Produkte nur an. Aber dieser mittelbare beschreibende Bezug auf die Eigenschaften der Produkte war erkennbar deutlich. Die Ähnlichkeit der Pflanzendarstellungen erzeugte deshalb nur eine geringe bildliche und begriffliche Ähnlichkeit.
  • IMEL hatte auch die grüne Farbe übernommen, in der die Vegan Society ihre Marke benutzte. Diese grüne Farbe war jedoch kein Merkmal der in Schwarz-Weiß registrierten älteren Marke. Eine solche Registrierung beansprucht für die Marke keine Farbe. Sie gilt daher als farblos. Da die grüne Farbe der IMEL-Marke jedoch unmittelbar auf den veganen Charakter der Kosmetika hinwies, war sie nicht unterscheidungskräftig und konnte die Marken nicht voneinander abgrenzen.

Im Ergebnis stimmten die Marken nur in beschreibenden und/oder schwachen Bestandteilen überein. Sie waren nur in minimalem Umfang bildlich, phonetisch und begrifflich ähnlich.

Verwechslungsgefahr

Machte die geringe Ähnlichkeit der Marken diese nun miteinander verwechslungsfähig?

Nein. Denn die geringe Ähnlichkeit reichte angesichts des geringen Schutzumfangs der älteren Marke trotz der identischen Produkte nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr anzunehmen. Die Marke der Vegan Society war wegen ihres geringen Schutzumfangs im Ergebnis schutzlos.

Das EUIPO wies folgerichtig den Widerspruch aus der älteren Marke zurück. Die Investitionen in eine schwache Marke hatten sich nicht gelohnt. Man darf gespannt sein, ob diese Entscheidung in einer nächsten Instanz noch einmal überprüft wird.

EUIPO, 22. September 2023, B 3174 529.

Learnings: Ein Unternehmen darf zwar eine Marke mit beschreibenden Bestandteilen und damit geringer Unterscheidungskraft auf dem Markt verwenden. Es muss dann aber hinnehmen, dass Wettbewerber ebenso berechtigt sind, Marken mit ähnlichen oder identischen beschreibenden Bestandteilen zu verwenden. Der Schutzumfang von Zeichen mit minimaler Unterscheidungskraft ist sehr begrenzt. Daher werden bei kollidierenden Zeichen hohe Anforderungen an ihre Ähnlichkeit gestellt, um das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu begründen. Die Investitionen in eine schwache Marke sind deshalb meist verloren.

 

 

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