Löschungsrisiko bei weitem Warenoberbegriff – Walzertraum

Löschungsrisiko bei weitem Warenoberbegriff – Walzertraum

Der Fall: Ein weiter Warenoberbegriff im Warenverzeichnis einer Marke kann sich als großes Risiko für die Fortexistenz der Marke herausstellen. Das zeigt nachdrücklich der folgende Fall:

Als der österreichische Lebensmittelgroßhändler Wedl & Hofmann die nachstehende Unionsmarke für Kaffee anmeldete,

Walzer_Traum_Wedl_Hofmann_goodwillprotect.png

erhob die bekannte Confiserie „Reber“ hiergegen Widerspruch aus ihrer deutschen Marke

Reber_Walzertraum_Marke_goodwillprotect.png

Wedl & Hofmann wehrte sich mit der Einrede der Nichtbenutzung. Die Marke „Walzertraum“ war für „Schokoladenwaren“ registriert. Reber musste nun nachweisen, dass die Marke „Walzertraum“ zu ihrem Rechtserhalt für „Schokoladenwaren“ ernsthaft benutzt worden war.

Benutzt hatte Reber die Marke aber nur für eine besonders erlesene Honig-, Sahne-, Trüffel – Praline. Wegen der Güte und Qualität des Produktes erfolgte die Fertigung sogar ausschließlich von Hand:

Walzertraum_Praline_goodwillprotect.png

Die Pralinen wurden nur in dem bekannten Reber-Confiserie-Fachgeschäft in Bad Reichenhall für den alsbaldigen Verzehr verkauft und dazu unverpackt auf Tablets angeboten:

Reber_Bad_Reichenhall_Goodwillprotect.png

Im Monat verkaufte Reber ca. 200 dieser Pralinen. Pro Jahr waren das 40-60 kg handgefertigter Luxus-Schokoladenprodukte höchster Qualität.

Reichte dieser Benutzungsumfang für den Schutzerhalt der Marke aus?

Ja, meinte die Widerspruchsabteilung. Die Benutzung der Marke für die Pralinen sei auch eine Benutzung für die „Schokoladenwaren“ insgesamt. Und die verkaufte Menge sei für die Luxuspralinen ausreichend. Sie stelle angesichts der Luxuscharakters der Produkte keine Scheinbenutzung dar.

War das richtig? Der Fall ging durch alle Instanzen.

In der Tat war die Benutzung der Marke für „Pralinen“ gleichzeitig eine Benutzung für alle registrierten „Schokoladenwaren“. Pralinen und Schokoladenwaren erfüllen nämlich als Genussprodukte den gleichen Zweck und haben die gleiche Bestimmung. Ein Verbraucher, der eine Ware aus einer solchen Produktgruppe erwerben möchte, würde eine dazugehörige Marke deshalb ohne weiteres mit allen zu dieser Produktgruppe gehörenden Waren in Verbindung bringen. Die Marke könnte für alle zu dieser Produktgruppe gehörenden Waren ihre Hauptfunktion, die Herkunft der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, gleichermaßen erfüllen. Dieses Inverbindungbringen kann bei gleichem Zweck und gleicher Bestimmung selbst bei unterschiedlicher Markt- und Segmentzugehörigkeit bestehen. Eine Benutzung der Marke für „Schokoladenwaren“ war somit nachgewiesen.

War jedoch auch der Umfang der Benutzung der Marke ausreichend?

Ob die Benutzung einer Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird. Dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, aber auch die Art dieser Waren oder Dienstleistungen.

Da die Benutzung der Marke „Walzertraum“ für Pralinen gleichzeitig eine Benutzung für „Schokoladenwaren“ war, kam es als Referenzmarkt auf den Markt der Schokoladenwaren an. Die Reber-Umsätze mit 200 verkauften Pralinen im Monat waren aber in keiner Weise ausreichend, um in diesem Markt der Schokoladenwaren für die unter der Marke verkauften Pralinen einen Marktanteil zu sichern oder zu gewinnen.

Reber berief sich zwar auf die besondere Art seiner Pralinen, nämlich deren Luxuscharakter. In Luxussegmenten reichen unter Umständen auch geringe Umsätze für die Ernsthaftigkeit einer Markenbenutzung aus. Selbst wenn die Pralinen aber dem Luxussegment zuzuordnen wären, rechtfertigte die Art der Produkte keine Sonderbehandlung. Das Preisniveau der Pralinen war nämlich vergleichbar dem Preisniveau bei den sonstigen Schokoladenwaren und die Reber-Pralinen konnten sich – wie alle anderen Schokoladenwaren auch – nahezu alle Verkehrskreise leisten und kaufen.

Im Ergebnis war die Marke – gemessen am Referenzmarkt der Schokoladenwaren – nicht ernsthaft benutzt worden. Sie war eben nicht nur für handgefertigte Pralinen registriert. Die Marke war für alle „Schokoladenwaren“ einschließlich der dazu gehörenden Pralinen löschungsreif,

Gerichtshof der Europäischen Union, C-141/13 P

Learnings: Wenn Sie über Marken mit weiten Warenoberbegriffen verfügen, eine Benutzung aber nur für einzelne Waren oder Dienstleistungen vorliegt, kann die Marke nur für solche Waren und Dienstleistungen im Recht erhalten werden, die den gleichen Zweck und die gleiche Bestimmung haben, wie die benutzten Waren oder Dienstleistungen. Der Kreis der solchermaßen eingegrenzten Waren oder Dienstleistungen ist der Referenzmarkt für die Beurteilung des erforderlichen Benutzungsumfangs zum Schutzerhalt der Marke. Wenn Sie Zweifel haben, ob der erreichte Benutzungsumfang einen Marktanteil im Referenzmarkt schafft oder erhält, sollten Sie das Warenverzeichnis einschränken, um einer eventuellen Löschung Ihrer Marke zu entgehen.

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