Blockade einer illegalen ausländischen Website – DNS-Sperre
Der Fall: Mehrere große internationale Wissenschaftsverlage stellten fest, dass auf bestimmen Websites illegal Kopien ihrer Werke veröffentlicht wurden.
Die Betreiber der Webseiten waren anonym und nicht ermittelbar.
Zwar konnten die Verlage ermitteln, dass die Webseiten unter anderem auf einem Server in Schweden gespeichert waren. Die Verlage informierten den Host-Provider in Schweden über die Rechtsverletzung und forderten ihn auf, die Webseiten auf seinem Server abzuschalten. Aber sie erhielten nicht einmal eine Antwort.
In ihrer Not wandten sich die Verlage an die Deutsche Telekom. Die Deutsche Telekom ist einer der größten Internet-Provider und stellt den Zugang des Endnutzers zum Internet her.
Die Verlage verlangten von der Telekom eine sogenannte DNS-Sperre. Dafür musste die Telekom lediglich die Umwandlung der Domainnamen in eine internetfähige IP-Adresse auf ihrem DNS-Server manipulieren. Gibt ein Internetnutzer sodann den Domainnamen der fraglichen Webseiten in seinen Browser ein, leitet der DNS-Server der Telekom falsche IP-Adressen an das Netz weiter. Die Webseiten können nicht mehr gefunden werden.
Die Telekom jedoch weigerte sich, die DNS-Sperre durchzuführen. Sie sei nicht dafür verantwortlich, dass die Webseiten über ihre Zugänge aufgerufen werden können. Die begehrte DNS-Sperre sei ohnehin nicht geeignet, die Verletzung zu beseitigen. Denn die illegalen Webseiten seien weiterhin im Netz aktiv und könnten über andere Domainnamen oder die direkte Eingabe ihrer IP-Adresse in den Browser erreicht werden. Die Verlage müssten vorrangig gegen den schwedischen Host-Provider vorgehen, auf dessen Server sich die Webseiten befinden, um die Hintermänner aufzudecken.
Hatte die Telekom damit recht?
Die Verlage beriefen sich darauf, dass ein Vorgehen gegen den Host-Provider nicht erfolgreich war. Host-Provider würden in Pirateriefällen häufig auch einfach gewechselt. Zudem würden illegale Webseiten zum Teil von sog. „Bullet-Proof“-Providern gehostet, die sich auf illegale Webseiten spezialisiert hätten und alle Schutzanstrengungen abwehrten.
In Deutschland gewährt das Telemediengesetz aufgrund europäischer Regelung Ansprüche auf Einrichtung von Sperrmaßnahmen auch gegen Anbieter eines Internetzugangs, wie die Telekom. Diese Sperrmaßnahmen können auch in einer DNS-Sperre bestehen. Jedoch dürfen sie nur das letzte Mittel sein. Alle zumutbaren und zu keinen unverhältnismäßigen Verzögerungen führenden Abwehrmaßnahmen müssen zuvor gescheitert oder aussichtslos sein.
Daran scheiterte das Verlangen der Verlage.
Die Verlage konnten in Deutschland gegen den schwedischen Host-Provider eine einstweilige Verfügung auf Drittauskunft erwirken. Diese einstweilige Verfügung ergeht innerhalb kurzer Zeit. Und sie kann nach den Regeln der Europäischen Union in Schweden problemlos vollstreckt werden. Der schwedische Host-Provider hätte damit binnen Tagen gezwungen werden können, Namen und Anschriften der Betreiber der Webseiten zu offenbaren. Gegen diese hätten die Verlage dann weiter vorgehen und die Rechtsverletzung abstellen können. Einer DNS-Sperre bedurfte es deshalb nicht.
Der Anspruch auf Vornahme der DNS-Sperre durch die Telekom wurde zurückgewiesen.
BGH vom 13. 10. 2022, I ZR 111/21
Learnings: Wenn Sie zur Abwehr von markenverletzenden Webseiten die Blockade von Domainnamen im Wege der DNS-Sperre erwägen, müssen sie zuvor alle zumutbaren Maßnahmen zur Verfolgung der Rechtsverletzung durchgeführt haben, die nicht zu zeitaufwendig sind. Die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung auf Drittauskunft in Deutschland gegen den im Ausland sitzende Host-Provider kann hierbei eine relevante vorrangige Abwehrmaßnahme sein.