Beschreibende Angaben als Kollektivmarke? – Emmentaler
Der Fall: Emmentaler wird nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Mitgliedstaaten der Europäischen Union, etwa Deutschland, seit langer Zeit produziert und vertrieben. Seinen Namen hat der Käse von „Emmental“, einer Schweizer Hügellandschaft im Berner Mittelland, wo er im 13. Jahrhundert erfunden wurde. Die Bezeichnung wird in Alleinstellung und ohne Angabe des Herstellungsortes benutzt, etwa:
In das schützende Herkunftsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union aus dem Jahre 2011 hat es Emmentaler nicht geschafft. Seine Aufnahme scheiterte am Widerstand der EU.
Deshalb versuchte die „Emmentaler Switzerland“ im Jahre 2017, das Wort „Emmentaler“ als Kollektivmarke in der Europäischen Union für ihren Schweizer Verband zu schützen.
Die Kollektivmarke, auch Verbandsmarke genannt, ist neben der Individualmarke und der Gewährleistungsmarke eine eigene Markenkategorie. Anders als eine Individualmarke unterscheidet sie nicht die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem einzigen Unternehmen. Sie unterscheidet vielmehr die Waren und Dienstleistungen der einzelnen Verbandsmitglieder von den Produkten solcher Unternehmen, die nicht dem Verband angehören. Diese Unterscheidung kann auch aufgrund von Eigenschaften der speziell von den Verbandsmitgliedern hergestellten Waren geschehen. Auch geographische Angaben lassen sich mit einer Kollektivmarke schützen.
Wie alle anderen Markenarten ist jedoch auch die Kollektivmarke kein Freibrief für den Schutz beschreibender Angaben. Somit können über sie – mit Ausnahme der geographischen Herkunft – keine Hinweise auf die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die Zeit der Herstellung oder eine andere Eigenschaft der betreffenden Waren geschützt werden.
Ist „Emmentaler“ nun eine unterscheidungskräftige Angabe der speziellen Käsespezifikation gerade der Mitglieder des Verbands der Emmentaler Switzerland? Ist es eine als Kollektivmarke schutzfähige geographische Herkunftsangabe? Oder ist es einfach nur die Gattungsbezeichnung für eine spezielle Käsesorte und damit eine grundsätzlich schutzunfähige beschreibende Angabe über die Eigenschaften des Käses?
Diese Fragen stellten sich in dem Verfahren vor dem EUIPO um den Kollektivmarkenschutz.
Da sich eine Marke an Verbraucher richtet, kommt es für das Verständnis einer solchen Bezeichnung auf die Verbraucher an. Wenn diese der Angabe unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der fraglichen Waren oder eines ihrer Merkmale entnehmen können, kann die Bezeichnung die Produkte nicht nach ihrer Herkunft unterscheiden und ist von Hause aus schutzunfähig.
Entscheidend war somit, wie das Wort Emmentaler dem allgemeinen Verbraucher im Markt begegnet.
Emmentaler wird in der Europäischen Union weitläufig ohne Angabe eines bestimmten Herstellungsortes verwendet. Auch weist die Bezeichnung dabei nicht auf eine betriebliche Herkunft hin. Wenn mehrere Wirtschaftsteilnehmer in einem Mitgliedstaat Waren herstellen und diese unter einem bestimmten Zeichen vertreiben, ohne dass das Zeichen auf eine betriebliche oder geografische Herkunft dieser Waren hinweist, kann dieses nahelegen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen als Bezeichnung eines Merkmals der Waren und damit als beschreibend wahrnehmen. Damit übereinstimmend wird auch im Duden der Begriff Emmentaler zwar als „Schweizer Käse“ beschrieben, gleichzeitig jedoch bloß auch als „Emmentaler Käse“, was zeigt, dass damit nur eine Käsesorte gemeint ist.
Auf dieser Grundlage stellte das Gericht der Europäischen Union fest, dass die allgemeinen Verkehrskreise in der Europäischen Union den Begriff Emmentaler lediglich als Gattungsbezeichnung oder beschreibenden Begriff für eine bestimmte Käsesorte verstehen.
Ob die Verwendung der Bezeichnung Emmentaler daneben durch staatliche Sonderabkommen geschützt ist, war für die markenrechtliche Betrachtung unbeachtlich. Denn die Wahrnehmung des allgemeinen Verkehrs, auf den es ankommt, richtet sich vor allem danach, wie ihm das Zeichen im Markt begegnet.
Der Schutz von Emmentaler als Kollektivmarke wurde verweigert.
Gericht der Europäischen Union, 24. Mai 2023, T-2/21
Learnings: Auch eine Kollektivmarke muss die allgemeinen markenrechtlichen Schutzvoraussetzungen erfüllen. Insbesondere darf sie keine Hinweise auf die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die Zeit der Herstellung oder eine andere Eigenschaft der von ihr geschützten Produkte enthalten können. Maßgeblich kommt es darauf an, wie der Verkehr die Bezeichnung einer solchen Kollektivmarke auffasst. Ein Freibrief für beschreibende Angaben ist die Kollektivmarke nicht.