Marketingchancen durch Architekturmarke – Museum Kattowitz

Marketingchancen durch Architekturmarke – Museum Kattowitz

Der Fall: Das in Polen weithin bekannte schlesische Industriemuseum Kattowitz stellt die industrielle Entwicklung dar. Es wird in Reiseführern beschrieben, ist in Architekturkatalogen zu finden, hat nationale und internationale Auszeichnungen für Architektur und Raumplanung erhalten und wird als Webemotiv von bekannten Firmen begehrt. Logisch, dass das Museum eine Architekturmarke anstrebte, um dieses Image für seine Produkte und Dienstleistungen besser absichern zu können.

Das Museum meldete seinen gesamten Komplex als Europäische Bildmarke für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen an:

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Die Anmeldung war für das Museum eine klare Sache.

Hatte doch der Europäische Gerichtshof die Apple-Flagship-Stores bereits als dreidimensionale Marke akzeptiert. Und zwar für Einzelhandelsdienstleistungen mit Computern, Computersoftware, Computerperipheriegeräten, Mobiltelefonen, Unterhaltungselektronik und entsprechendem Zubehör sowie für die Vorführung der entsprechenden Produkte:

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Und auch das Narodowy Fussball-Stadion in Warschau wurde als Europäische Bildmarke registriert; ebenso die typische Tankstelle der finnischen Neste Oyj als dreidimensionale Marke:

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Aber war das Abbild des Museumskomplexes unterscheidungskräftig genug, um als Marke registriert werden zu können? Eine Marke ist unterscheidungskräftig, wenn der Verbraucher ihr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Markenwaren oder -dienstleistungen entnimmt.

Die angemeldete Marke enthielt die Wiedergabe des Museumskomplexes. In einem solchen Zeichen sieht der Verbraucher zunächst einmal nur einen Hinweis auf die  abgebildeten Bauwerke. Wenn ein solcher Gebäudekomplex jedoch erheblich von der Norm oder den Gepflogenheiten in dem fraglichen Wirtschaftszweig abweicht, kann er dem Verbraucher einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen vermitteln. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt dabei nicht von der Feststellung eines bestimmten Maßes an Kreativität oder künstlerischer Fantasie ab. Gleichwohl muss das Zeichen unterscheidungskräftig sein.

Nach Auffassung der Beschwerdekammer des EUIPO wich die Architektur allerdings nicht, wie für die Schutzfähigkeit erforderlich, erheblich von der Norm ab. Die Gestaltung der architektonischen Massen und der Grundrisse des Museumskomplexes sei zwar abwechslungsreich. Trotz des sichtbaren Grubenschachts weiche die Anlage insgesamt aber nicht von der modernen architektonischen Entwicklung eines ehemaligen Bergwerks, einer Fabrik oder eines anderen Industriestandorts ab. Für die Beschwerdekammer kam ein Schutz des Museumskomplexes als Marke deshalb nicht infrage.

Das hatte die Vorinstanz jedoch noch anders gesehen. Und so musste sie sich auch mit der Frage auseinandersetzen, für welche der angemeldeten Waren und Dienstleistungen das Zeichen als Marke eintragungsfähig war.

Wie jedes andere Zeichen auch, darf auch ein an sich schutzfähiges Architekturzeichen nicht lediglich die Art der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen oder ihre wesentlichen Eigenschaften unmittelbar beschreiben. Die Wiedergabe der Architektur darf folglich keinen unmittelbaren Hinweis darauf enthalten, dass die angemeldeten Waren mit dem dargestellten Gebäude oder Gebäudekomplex in Verbindung stehen. In Bezug auf Dienstleistungen darf das Zeichen keinen Hinweis darauf enthalten, dass das Zeichen lediglich den Ort abbildet, an dem die fraglichen Dienstleistungen erbracht werden oder mit dem die Dienstleistungen unmittelbar verbunden sind.

Auf dieser Grundlage wäre selbst ein als Zeichen an sich schutzfähiger Gebäudekomplex als Marke nicht eintragungsfähig für Waren oder Dienstleistungen, auf die er sich bezieht. Das sind etwa Publikationen, Computerprogramme, Multimedia Publikationen, Spiele, Lernsoftware, Bücher, Aquarelle, der Verkauf, die Vermietung oder die Verwaltung von Immobilien aber auch die Organisation oder der Betrieb von Ausstellungen und Messen und die Hotelverwaltung. Bei diesen Waren und Dienstleistungen sieht der Verbraucher in dem Zeichen lediglich Merkmale der Produkte und Dienstleistungen, jedoch keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen.

Die Abbildung eines an sich schutzfähigen Gebäudekomplexes wäre dagegen als Marke für Waren und Dienstleistungen eintragungsfähig, für die das Zeichen einen solchen direkten beschreibenden Zusammenhang nicht aufweist. Das wurde angenommen für Datenträger; Schmuck, Schlüsselanhänger; Uhren; Büroartikel oder T-Shirts, aber auch für Versicherungs- und Finanzdienstleistungen sowie für Werbung. Selbst für die Dienstleistung des Einzelhandels mit Publikationen, Computerprogrammen, Multimedia Publikationen, Spielen, Lernsoftware, Büchern oder Aquarellen wäre das Zeichen schutzfähig. Dass ein Architekturzeichen für diese Produkte selbst nicht geschützt werden kann, ist nicht von Belang. Denn die vorgenannten Produkte sind kein integraler Bestandteil des Verkaufs dieser Waren selbst.

Da die Beschwerdekammer mit der Sache nur insoweit befasst war, als die Prüfungsstelle die Anmeldung der Marke zurückgewiesen hatte, ist der Gebäudekomplex für die Waren und Dienstleistungen, die er nicht beschreibt, als Unionsmarke registriert.

EUIPO-BK vom 12. Mai 2020, R 2569/2019-1

 

Learnings: Wenn Sie die Marketingchancen individueller Architektur für Ihr Unternehmen durch eine Marke absichern wollen, sollten Sie prüfen, ob die Architektur erheblich von der Norm oder den Gepflogenheiten in dem Wirtschaftszweig abweicht, der durch die in Aussicht genommenen Waren und Dienstleistungen beschrieben wird. Das Zeichen muss nämlich geeignet sein, diese Waren und Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Ist das der Fall, haben Sie gute Chancen auf einen Markenschutz für solche Waren oder Dienstleistungen, für die die Abbildung der Architektur keine unmittelbare Beschreibung der Art oder wesentlichen Eigenschaften der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen darstellt.

 

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