Anschein einer Gewährleistungsmarke – EM QUALITY CERTIFIED

Anschein einer Gewährleistungsmarke – EM QUALITY CERTIFIED

Der Fall: Gesunder Boden und sauberes Wasser sind eine wichtige Grundlage für umweltfreundliche und gesunde Produkte. Um diese Voraussetzungen zu schaffen, aktiviert die japanische EM Research Organization nach einem eigenen System Mikroorganismen, die in Boden und Wasser bereits vorhanden sind. Sie maximiert deren natürliche Kraft und Wirkung. 1997 ließ sie In der Europäischen Union die nachstehende Marke

EM_Marke_ goodwillprotect.png

für eine Vielzahl von Produkten registrieren. „EM“ steht für „effektive Mikroorganismen“. Die Marke ist nur für solche Produkte vorgesehen, die auf Grundlage dieser umweltfreundlichen Technologie hergestellt wurden.

 Not amused war EMRO allerdings, als das deutsche Unternehmen „em chiemgau“

EM blond

als deutsche Wortmarke anmeldete. Und zwar unter anderem für Dünge- und Reinigungsmittel sowie für Kulturen von Mikroorganismen. EMRO legte Widerspruch gegen die Anmeldung ein und berief sich auf eine Verwechslungsgefahr mit seiner Marke.

„em chiemgau“ akzeptierte das nicht und bestritt die rechtserhaltende Benutzung der „EM-Marke“ in der Europäischen Union. EMRO habe nur ein anderes Zeichen benutzt. Die „EM-Marke“ sei verfallen und der Widerspruch schon deshalb zurückzuweisen.

Tatsächlich hatte EMRO seine Marke auf Produkten nur wie folgt benutzt:

EM_Benutzungsform_goodwillprotect.png

Damit aber hatte die Marke das Erscheinungsbild einer sog. Gewährleistungsmarke erhalten. Das reicht zur Benutzung einer Individualmarke nicht aus:

Die Gewährleistungsmarke ist eine völlig andere Markenform als die bisherigen Individualmarken. Sie existiert in der Europäischen Union erst seit dem 1. Oktober 2017.

Bei der Gewährleistungsmarke zertifiziert ein unabhängiges Zertifizierungsunternehmen die Qualität der Produkte Dritter. Im Vordergrund steht die Garantiefunktion der Marke. Denn sie unterscheidet die Produkte einer bestimmten, vom Markeninhaber gewährleisteten Qualität von anderen Produkten, für die eine solche Gewährleistung nicht besteht. Die Gewährleistungsmarke verweist lediglich mittelbar auf das Zertifizierungsunternehmen, welches die betreffende Gewähr bietet. Zum Erhalt seiner Marke muss das Zertifizierungsunternehmen über eine vollkommen neutrale Stellung verfügen.

Demgegenüber dienen die seit jeher existierenden Individualmarken dazu, auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Der Markeninhaber setzt die Individualmarke („seine“ Marke) im geschäftlichen Verkehr als Unterscheidungsmittel für seine Produkte ein. Zwangsläufig hat der Inhaber einer Individualmarke auch keine Neutralitätspflicht. Der Hinweis auf die Qualität seiner Ware zählt lediglich zu den Nebenfunktionen seiner Marke. Und die Marke verliert letztlich ihren Schutz, wenn sie nicht dazu benutzt wird, für ihren Inhaber Marktanteile zu schaffen oder zu erhalten.

Damit kann die Benutzung einer Individualmarke als Gewährleistungsmarke keine rechtserhaltende Benutzung der Individualmarke darstellen. Wenn eine Marke nur Qualitätsmerkmale herausstellt, dient sie nicht dazu, die Ursprungsidentität der von ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern.

Dass die Benutzung der Bildmarke „EM“ den Eindruck einer Gewährleistungsmarke erweckte, war klar: Der Garantiehinweis „QUALITY CERTIFIED“ hatte dieselbe schwarze Farbe wie das für „registered“ stehende „R im Kreis“. Der Garantiehinweis bezog sich daher zusammen mit dem „R“ auf die in grün gestaltete Bildmarke „EM“. Er zeigte eine eingetragene Gewährleistungsmarke an. Auf den Verpackungen erschien das Zeichen zudem nur als Zweitkennzeichnung neben der eigentlichen Produktmarke (in Beispiel: EMIKO).

Weil die Bildmarke „EM“ somit nur in Form einer Gewährleistungsmarke benutzt wurde, war sie löschungsreif. Der Widerspruch wurde konsequenterweise zurückgewiesen.

BPatG  vom 03. Februar 2022, 30 W (pat) 511/20.

Learnings: Versuchen Sie nicht, Ihrer Individualmarke den Anschein einer Gewährleistungsmarke zu geben. Sie könnten ihre wertvolle Marke damit nicht nur schutzlos stellen, sondern auch vernichten. Speziell für Qualitätsgarantien sollten Sie die Lizenz zur Benutzung einer Gewährleistungsmarke anstreben.

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