Was kostet eigentlich eine Markenverletzung durch Werbung? – Layher
Der Fall: Die Kosten einer Werbung durch eine Markenverletzung sind nicht einfach zu beziffern.
Wilhelm Layher GmbH & Co. KG ist im Gerüstbau eine Institution. Das beruht im Wesentlichen auf zwei Gerüsten besonderer Bauart: dem Layher Blitzgerüst und dem Layer Allroundgerüst. Das Unternehmen besitzt auch eine Marke
Die Marke verfügt bei Gerüstbauunternehmen über eine Bekanntheit von 88,5 %. Auch bei anderen Berufsgruppen ist ihre Bekanntheit noch relativ hoch.
Auch die Peralta Industrie GmbH ist im Gerüstbau tätig. Sie produziert und vertreibt unter anderem einen Nachbau des Gerüstsystems „Layher-Blitz-Gerüst 70 S“. Der Peralta-Nachbau war für die Kombination mit dem Layher-Blitz-Gerüst sogar eigens behördlich zugelassen worden.
Im Jahre 2017 versandte Peralta deshalb Werbeschreiben an 34.962 Empfänger. Die Brieumschläge, aber auch das innenliegende Werbeblatt, wiesen auf die zugelassene Kombinationsmöglichkeit des Layher-Blitzgerüsts mit dem Peralta-Nachbau hin.:
Dem Werbeschreiben lag auch eine Preisliste von Peralta bei. Darin befand sich ebenfalls der Hinweis auf die tatsächlich existierende behördliche Vermischungszulassung:
Auch im Internet war diese Werbung abrufbar. Produkte von Peralta wurden jedoch zu keinem Zeitpunkt mit der Marke Layher gekennzeichnet.
Wie man sieht, hatte Peralta die Marke Layher in der Werbung jeweils prominent betont. Die Werbung enthielt zudem nur die Aussage, dass das Layher Gerüst mit dem Peralta-Produkt vermischbar ist. Damit erweckte sie den falschen Eindruck, es handele sich um eine Werbung von Layher oder es bestünden geschäftliche Beziehungen zwischen beiden Unternehmen. Die Marke Layher wurde verletzt.
Nach einer Abmahnung gab Peralta denn auch sofort eine Unterlassungserklärung ab. Streit jedoch entstand über die Höhe des für die Markenverletzung zu zahlenden Schadensersatzes.
Was kostet eigentlich eine Markenverletzung durch Werbung? War überhaupt Schadensersatz zu zahlen?
Konkret lässt sich ein Schaden ja nicht beziffern. Aber entstanden musste er sein. Denn Peralta hatte die fremde Marke unerlaubt für seine geschäftlichen Zwecke benutzt und damit eine Verwechslungsgefahr erzeugt. Der Eingriff in die fremde Marke ist bereits der entstandene Schaden. Fraglich war nur, wie hoch er zu schätzen ist?
Hier hilft eine Überlegung: Der Sache nach hatte Peralta mit der Benutzung der fremden Marke Layher ja eine Befugnis in Anspruch genommen, die ausschließlich Layher als der Markeninhaberin vorbehalten war. Bei vorheriger vertraglicher Regelung hätte Peralta dafür eine angemessene Lizenz bezahlen müssen. Und Layher hätte eine entsprechende Vergütung erhalten. Ein fingierter Lizenzvertrag ist deshalb ein zulässiger Ansatz für die objektive Schadensschätzung bei einer Markenverletzung, sog. Lizenzanalogie. Es kommt darauf an, was vernünftige Vertragspartner in angemessener Weise vereinbart hätten, hätten sie das Ausmaß der Verletzung gekannt.
Regelmäßig werden in Lizenzverträgen Umsatzlizenzen vereinbart. Bei der bloßen Werbung gibt es jedoch keinen Umsatz, der sich allein auf das markenrechtsverletzende Verhalten des Schädigers bezieht. Peralta hatte seine Umsätze nur mit den eigenen Produkten ohne Verwendung der Marke Layher erzielt. Dennoch hatte die Werbung nach der Lebenserfahrung auch die regulären Umsätze von Peralta gesteigert. Deshalb kann der durch die Werbung ausgelöste Schaden auch anhand der rechtmäßigen Umsätze des Verletzers geschätzt werden.
Man muss für die Schätzung des Schadens jetzt nur noch wissen, für welche Zeiträume Lizenzgebühren von den Umsätzen des Verletzers zu zahlen sind und wie hoch der Lizenzsatz ist.
Was die Zeiträume angeht, hilft zunächst die Überlegung, dass die verletzende Werbung zu einer Marktverwirrung geführt hat, die noch einige Zeit nachwirkt. Die Dauer dieser Nachwirkung wurde für die Peralta-Einmalwerbung auf einen Zeitraum von 3 Monaten geschätzt. Für diesen Zeitraum war somit die Umsatzlizenz zu zahlen.
Wie hoch aber war der fiktive Lizenzsatz? Hätte nicht nur Werbung vorgelegen, sondern hätte Peralta auch unerlaubt eigene Gerüste unter der Marke Layher vertrieben, wäre ein Lizenzsatz von 15 % angemessen gewesen. Layher hätte nämlich aufgrund der großen Bekanntheit seiner Marke bei den fiktiven Vertragsverhandlungen eine starke Verhandlungsposition gehabt. Zudem hätte sich besonders ausgewirkt, dass Peralta die Marke Layer sehr deutlich in verletzender Weise herausgestellt hatte. Auch hatte die Werbung, wenn auch kurz, sehr viele Adressaten gezielt angesprochen.
In dem fiktiven Lizenzvertrag hätten die Parteien jedoch keine Vergütung für Umsätze mit verletzenden Produkten, sondern nur eine Vergütung für die verletzende Werbung geregelt. Der Lizenzsatz von 15 % kann deshalb nur ein Ausgangspunkt für die Schätzung sein. Zwar sind alle vorgenannten Umstände, die Bekanntheit von Layher, die starke Verhandlungsposition und die Heftigkeit des Eingriffs immer noch dieselben. Aber die Intensität dieses Eingriffs nur durch Werbung war gegenüber einem markenverletzenden Vertrieb doch deutlich geringer. Die Werbung mit der fremden Marke wirkte nämlich lediglich als Türöffner für die eigenen Produkte. Sie täuschte hingegen den Verkehr nicht über deren Herkunft und setzte nicht die wichtige Unterscheidungsfähigkeit der wertvollen Marke von Layher herab.
Dass die Umsätze von Peralta nur zu einem geringen Teil auf der Markenverletzung beruhten, war demgegenüber nicht relevant. Vernünftige Lizenzvertragsparteien hätten die Höhe der Umsatzlizenz für eine Werbung nämlich nicht vom genauen Umfang der durch die Werbung erwarteten und im übrigen völlig unsicheren Umsätze abhängig gemacht. Die Berechnungsmethode der Lizenzanalogie kann nicht von Kausalitätserwägungen abhängig gemacht werden. Es handelt sich ja nur um eine auf objektiven Grundlagen beruhende Schadensschätzung.
Damit war für die Höhe des Lizenzsatzes ausschließlich die Intensität der Markenverletzung relevant. Wegen der insgesamt geringeren Intensität der Markenverletzung durch Werbung wurde der Lizenzsatz gegenüber dem Regelfall verletzender Umsätze um den Faktor 2/3 verringert. Er wurde auf 5 % vom Nettoumsatz festgelegt.
Für den dreimonatigen Nachwirkungszeitraum der Werbung ergab sich, bezogen auf die Nettoumsätze von Peralta, deshalb ein Schadensersatzbetrag von 33.500 €.
BGH, Urteil vom 22.9.2021, I ZR 20/21; nachfolgend OLG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2023, 2 U 34/20
Learnings: Achten Sie darauf, dass die Benutzung einer fremden Marke in der Werbung nicht den falschen Eindruck erweckt, als stamme die Werbung von dem Markeninhaber oder es bestünden zwischen Ihnen und dem Markeninhaber geschäftliche Verbindungen. Auch wenn Sie keine Umsätze unter der fremden Marke tätigen und nur mit der fremden Marke werben, kann der Schaden durch eine fiktive Umsatzlizenz abgegolten werden. Maßstab dafür sind Ihre regulären Umsätze in einem gewissen Nachwirkungszeitraum. Der Lizenzbetrag ist wegen der geringeren Verletzungsintensität bei bloßer Werbung allerdings niedriger anzusetzen als bei markenverletzenden Umsätzen.